Meldungen aus Leipzig

Leipzigs euro-scene heute rund um die Uhr: Die GalerieRieRiemann lädt zur 24-Stunden-Ausstellung ins Schauspielhaus

Vor zwölf Jahren kam er von Augsburg nach Leipzig. Eigentlich nur zu Besuch. Doch er blieb hängen und veranstaltet seit sechs Jahren in der Off-Szene ungewöhnliche Kunstprojekte an unüblichen Orten wie etwa Abriss-Häuser oder leerstehende Fabriken. Wir sprachen mit dem Gründer der 24-Stunden-Ausstellung Thilo Egenberger über die achte Veranstaltung heute im Schauspielhaus.

Frage: Was ist diesmal anders?

Thilo Egenberger: Wir sind auf Einladung der euro-scene erstmals im Schauspielhaus. Da treffen Offund Hochkultur aufeinander, es entsteht ein spannendes Verhältnis. Alles ist ungewohnt, weil es etwas behördenhaft zugeht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten klappt die Zusammenarbeit jedoch bestens, macht beiden Veranstaltern Spaß. Auf künstlerischer Seite haben wir rund 100 Beteiligungen, das sind mehr denn je. Fast alle Künstler vergangener Ausstellungen sind wieder dabei.

Kommen viele aus Leipzig?

Mindestens 80 Prozent. Die Hochschule für Grafik und Buchkunst war bislang kaum vertreten, diesmal sind rund 15 Studenten, auch Meisterschüler, darunter Marianna Krüger, Nina Jurk, Britta Schulze dabei.

Platzt das Theater bei so vielen Künstlern nicht aus den Nähten?

Wir haben mit dem angrenzenden ehemaligen EDV-Zentrum zusätzlich ein passendes Objekt gefunden vier Etagen mit 2500 Quadratmetern.

Befürchten Sie, langsam zur Institution zu werden?

Überhaupt nicht. Die nächste Veranstaltung im Sommer 2002 ist schon geplant und soll bewusst viel kleiner werden. Immerhin hat es sehr übersichtlich angefangen, auf 200 Quadratmetern mit sechs bis sieben Künstlern. Nächstes Mal ist das Motto "24x15 Quadratmeter": Auf einem großen Platz werden 24 Umzugs-LKW ˆ 15 Quadratmeter im Kreis aufgestellt. 24 Künstler bekommen je einen Wagen für ihre Kunstprojekte.

Und was bleibt gleich?

Zu unserer Philosophie gehört: Der Eintritt ist frei. Diesmal haben wir darum kämpfen müssen. Ursprünglich wollte die euro-scene, dass wir ein paar Mark Obolus nehmen. Dadurch ergibt sich jedoch eine hohe Hemmschwelle, Kunst muss aber für alle sein. Wir bieten Workshops, Kaffee und Kuchen für Familien. Eltern können ihre Kinder für ein paar Stunden abgeben. Zum Beispiel zum Malen von Röntgenbildern. Auch Schulen sind erstmals mit Beiträgen beteiligt.

Das Motto der Ausstellung ist "Body/Check". Wird's gefährlich?

Jein. Am Eingang gibt es einen "Body-Tschäg". Wir haben eine ganzheitliche Ecke mit Shiatsu-Behandlung und Atemtherapie, eine Überraschung mit Körperkontakt vom Aktionskünstler Jim Whiting. Ein Höhepunkt heute Abend ist eine Auktion mit dem freien Regisseur Stefan Kanis. Im Boxring versteigert er mit viel Tam Tam 20 Kunstwerke.

... deren Erlöse wohin gehen?

Das Ganze ist ein Gag, es geht nicht ums Geld. Die Veranstaltung kostet 15 000 Mark, von der Stadt gibt es nichts. Wir wollen das aber auch nicht. Es klappt nur, weil keiner Gage bekommt, wir Veranstalter arbeiten ehrenamtlich.

Was schauen Sie sich auf der euro-scene an?

Boxen im Schauspielhaus-Foyer, heute um 15 Uhr. Toll, das mal zu erleben. Ich würde da sonst nie im Leben hingehen.

Interview: Patricia Batlle

Schauspielhaus, heute bis 24 Uhr. Eintritt frei. Besucher sollten unbedingt Röntgenbilder mitbringen. Das Schönste wird prämiert.

© Leipziger Volkszeitung Online vom 09.11.2001



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